Die Candidate Persona: Geheimwaffe im Recruiting

Um den richtigen Menschen für eine Stelle zu finden, reicht es nicht nur, eine Stellenanzeige zu schalten. Es braucht wesentlich mehr. Selbst mit den besten Anforderungsprofilen und zielgerechter Nutzung der Recruiting-Kanäle kann es dauern, bis wirklich geeignete Kandidat:innen sich melden.

Das moderne Recruiting – wie wir es auch immer wieder so „erfolgreich“ auf LinkedIn lesen können – ist für viele Unternehmen noch immer eine Idealvorstellung. Eine Studie von Deloitte zeigt, das noch viel zu wenige Unternehmen tatsächlich eine Recruiting-Strategie haben. Wir wollen uns hier in diesem Beitrag einer „Geheimwaffe“ im Recruiting widmen: der Candidate Persona

Was ist eine Candidate Persona?

Die Candidate Persona ist eine Art „Rollenspiel“. So wie man sich im Marketing – wo die Idee geboren wurde – den idealen Kunden aus der Zielgruppe vorstellt, so geht es hier um den idealen Kandidaten für eine Rolle im Unternehmen. Es ist also das fiktive Profil des Wunschkandidaten bzw. der Wunschkandidatin. Basierend auf den realen Anforderungen für eine Rolle stellt man sich die Person „als Ganzes“ vor.

Qualifikationen und Zeugnisse treten dabei in den Hintergrund. Im Marketing „malt“ man sich den Wunschkunden mit allen seinen Merkmalen aus. Das hilft dabei, dass Produkt und seine Zielgruppe besser greifbar zu machen für die Kampagne. Mit allem, heißt: welche Merkmale hat dieser Wunschkunde? Etwa: hat er Familie? Hat er ein eigenes Haus? Wie lebt er? Allein? Hat er Haustiere? Es geht um das Setting, um sich eine Person besser vorstellen zu können. Übertragen auf die Candidate Persona heißt das letztendlich, dass man sich eine Person „erschafft“, die nicht mehr nur fachliche Qualifikationen mitbringt. Unternehmen sind auf Menschen angewiesen, die bestimmte Fähigkeiten mitbringen, abseits der „Hard Facts“.

Man sucht nach Menschen, die zum Unternehmen passen. Aber wer ist das eigentlich? Dazu, sich dieser Frage zu stellen, ist die Candidate Persona ideal geeignet. Das klassische „Du passt zu uns, wenn Du unsere Corporate Values teilst…“ ist es nämlich nicht. Mit solchen oftmals verallgemeinernden Ausdrücken können sich potenzielle Mitarbeitenden nicht identifizieren.

Der Cultural Fit und die Candidate Persona

Der Cultural Fit beschreibt die „Passgenauigkeit“ eines Kandidaten bzw. einer Kandidatin zu den bereits im Unternehmen arbeitenden Personen. Je „homogener“ die Menschen sind, also je mehr Werte sie gemeinsam haben, desto positiver wird die Teamerfahrung. Das ist der Cultural Fit. Wenn Sie einen Cultural Fit erreichen wollen, müssen Sie ihn aktiv suchen.

Die Candidate Persona ist also die Beschreibung einer Person mit ihren Werten, und zwar so, dass Sie wissen, wo und wonach Sie suchen müssen. Die Candidate Persona ist eine Person innerhalb einer Zielgruppe. Nun, da Sie wissen, wonach Sie suchen, wissen Sie auch, wo Sie diese Menschen finden. Die Candidate Persona hilft Ihnen also, bei der Auswahl der Bewerber:innen, indem sie Ihnen hilft, diejenigen zu finden, die dem Idealprofil am nächsten kommen. Das erspart Ihnen in der Folge viel Arbeit – nicht zuletzt dadurch, dass Ihre Fluktuationsrate bei Neueinstellungen sinkt.

Anforderungsprofil vs. Candidate Persona

Die Candidate Persona geht über das reine Anforderungsprofil hinaus. Beim Anforderungsprofil schreiben Sie auf, welche fachlichen Qualifikationen eine Person mitbringen muss. Etwa Texte schreiben, Analytics-Tools bedienen etc. oder z.B. eine CNC-Maschine bedienen.

Die Candidate Persona schafft Identifikationsmerkmale mit den zukünftigen Mitarbeitenden indem Sie dabei versuchen, eine Person als Ganzes zu beschreiben. In diesem Punkt geht Sie also über die Qualifikationen hinaus, schließt Stärken und Schwächen von Menschen mit ein und beschreibt charakterliche Eigenschaften. Also so wie beim Idealkunden sind auch scheinbare Nebensächlichkeiten wichtig, wie etwa: welche Vorlieben könnte diese Person haben? Welche Bedürfnisse sind da, ebenso wofür „brennt diese Person“.

Was also bringt die Candidate Persona?

Je konkreter Sie sich diese Person ausgemalt haben, desto einfacher ist die Suche danach. Wenn Sie sich wie ein Marketer die Person in Ihrer Gesamtheit ausgemalt haben, wissen Sie auch genau, wo Sie diese Person finden. Sie schärfen Ihr Recruiting auf spezifische Personen innerhalb einer „Zielgruppe“. Wenn Sie die Eigenschaften der Candidate Persona dann auch noch in Stellenanzeigen „unterbringen“, schaffen Sie die Voraussetzungen für Identifikationsmerkmale bei potenziellen Bewerber:innen.

Die Zielgruppe an einem konkreten Beispiel erläutert: Nehmen wir an, Sie suchen nach jemanden in der Softwareentwicklung, dann werden Sie bevorzugt nach Leuten mit Studienabschluss, Berufserfahrung in einem bestimmten Modul oder Entwicklungssprache und in einer gewissen Altersspanne suchen. Damit haben Sie drei Merkmale, mit denen Sie Profile eingrenzen können.

Mittels der Candidate Persona können Sie nun tiefer in die „Zielgruppe“ eintauchen und aus einer „breiten Masse“ an passenden Profilen nun besser eingrenzen, wer wirklich zu Ihnen passt und die Filter Ihrer Business-Netzwerke besser anpassen. Soll also dieser Entwickler oder diese Entwicklerin nun etwas von z.B. den Bedürfnissen von Tieren verstehen, ist es sinnvoll, wenn er oder sie selbst einen Hund hat. Auf diese Weise können aus drei soziografischen Merkmalen schnell mehr werden.

Diese Menschen fühlen sich dann auch besser „abgeholt“, da die Ansprache persönlicher wird. Sie merken, dass man sich im Vorfeld automatisch mit ihnen beschäftigt hat, da die Werte stimmen. Etwaige „Streuverluste“, also die berühmt berüchtigte Gießkanne im Recruiting, werden minimiert.

Der entscheidende Vorteil der Candidate Persona

Anforderungsprofile sind nach wie vor wichtig und richtig. Sie haben jedoch den Nachteil, dass sie nur Worte sind. Da wir Menschen visuell geprägte Wesen sind, leben wir vom Kontext. Kontext sind für uns visuell verarbeitbare Informationen – es entsteht ein Bild vor unserem geistigen Auge. Je mehr Kontext Sie für sich und Ihr Recruiting generieren können, desto besser lassen sich Zusammenhänge verstehen. Diese Zusammenhänge sind es, die „greifbare Bilder“ erschaffen. Sie schaffen einen Avatar für Ihren Wunschmitarbeitenden. Anhand dieses Avatars können Sie auf der einen Seite Ihre Wünsche an eine Person und damit eine Rolle zum Ausdruck bringen, andererseits lernen Sie die Person hinter der Rolle selbst „besser kennen“. Obwohl dieser Avatar rein virtuell ist, kann ihr Gehirn mit dem gewünschten Kontext arbeiten.

Es wird möglich, Ihr Unternehmen und Ihre Stellen aus dem Blickwinkel der Candidate Persona zu betrachten und zu verstehen. Das wiederum eröffnet für Ihr Recruiting neue Ansätze.

Bildquelle / Lizenz: Foto von Ryoji Iwata auf Unsplash